Erfahrungen im Passivhaus

Lüften und kontrollierte Wohnraumlüftung (KWL):

Unser Haus verlangt kein spezielles Nutzungsverhalten. Ja, man kann lüften wann immer man will. Und ja, man kann im Passivhaus auch die Fenster dazu öffnen.

Allerdings muß man nicht mehr lüften. Die KWL hat in der ersten Stufe eine Luftwechselrate von knapp 0,3. Das heißt, dass die komplette Luft im Gebäude in ca. 4 Stunden vollständig ausgetauscht wird. Dies wird allgemein als ausreichend angesehen und ist auch genug um Wäsche in der Wohnung zu trocknen. Selbst der Nebel in den Bädern nach dem Duschen verzieht sich von alleine und die Spiegel sind nach kurzer Zeit wieder klar. Die Bäder müssen nicht manuell gelüftet werden; sehr bequem.

Die Stufen der KWL können timergesteuert nach Tages- und Wochenplan geregelt werden. Bei uns läuft die KWL komplett auf Stufe 1 durch. Nur bei Pfannkuchen oder Partybesuch regeln wir über eine Fernbedienung auf höhere Luftwechselraten.

Wenn unsere drei Jungs in ihren relativ kleinen Zimmern Besuch haben entsteht dort auch schon mal „dicke Luft“. Ein Hochregeln der KWL bringt da nur zeitversetzt etwas und es macht wenig Sinn deswegen das ganze Haus durchzublasen. Hier hilft konventionelles Stoßlüften wie in jedem anderen Haus auch.

Obwohl wir keine Vorkonditionierung der Zuluft über Erd- oder Solewärmetauscher haben ist die Anlage auch bei strengem Frost noch nie eingefroren. Die relativ niedrigen Luftwechselraten sowie der Enthalpiewärmetauscher sorgen für eisfreien Betrieb.

Netter Nebeneffekt: die KWL besitzt einen Pollenfilter im Zuluftweg und hält einiges draußen…

Lüftung: ++

Luftfeuchtigkeit: zu trocken?

Oft liest man über zu trockene Luft im Winter in Passivhäusern. Kalte Luft kann nur sehr wenig Feuchtigkeit aufnehmen. Kommt die Luft nun ins Haus und wärmt sich auf sinkt die relative Luftfeuchtigkeit ab. Die Luft könnte nun viel mehr Feuchtigkeit aufnehmen; sie wird trocken. Wenn es draußen eh schon trocken ist, z.B. bei kalten Ostwindwetterlagen, verstärkt sich das nochmals. Häuser mit hohen Luftwechselraten durch Lüftungsanlagen neigen daher eher zu trockener Luft als solche die konventionell belüftet werden. Das ist kein Thema welches nur Passivhäuser trifft.

Durch unsere moderaten Luftwechselraten und durch einen Wärmetauscher mit Feuchtigkeitsrückgewinnung haben wir das Problem nicht. Die relative Luftfeuchtigkeit liegt im Winter nur selten unter 40%.

Schimmelbildung ist grundsätzlich bei Häusern mit guter Wärmedämmung, wärmebrückenfreier Konstruktion und KWL kein Thema. Es gibt keine kalten Ecken wo sich Feuchtigkeit niederschlagen kann und die KWL lüftet eh alles weg….

Luftfeuchtigkeit: ++

Heizen und Raumtemperaturen

Im ganzen Haus herrscht während der Heizperiode eine fast gleichmäßige Temperatur von ca. 21,5 Grad. Nur im Elternschlafzimmer ist es etwas kühler. Dort haben wir den Durchfluss der Heizkreise der Fußbodenheizung manuell reduziert.

Einzelraumregelung und Nachtabsenkung gibt es nicht und hätte nur minimale Auswirkungen. Dadurch sind speziell die Kinderzimmer fürs Schlafen etwas zu warm. Da hilft kurzes Stoßlüften vorm Schlafengehen.

Neben der Küche haben wir einen kleinen Vorratsraum. Dort ist die Fußbodenheizung manuell abgedreht. Das merken wir allerdings nur an den Füßen; der Raum ist nur minimal kälter als der Rest. Das war aber vorher klar und hat nicht überrascht. Ein echter kühler Vorratsraum war zwar Wunsch der Baufrau, ließ sich aber nicht im Hauskonzept unterbringen.

Die Wärmepumpe hat eine Ferienregelung zur Temperaturabsenkung bei längerer Abwesenheit. Falls man sich mit den Terminen vertut oder eher nach Hause kommt ist es natürlich kühl im Haus. Auf Grund der begrenzten Heizleistung und der Gesamtträgheit des Heizsystems dauert es dann zwei Tage bis es wieder warm ist. Im Zweifel lieber laufen lassen…

Die vom TGA-Hausingenieur ausgerechnete höhere Temperatur in den Bädern hat sich nicht eingestellt. Hier sollte die Raumtemperatur durch kleinstmöglichen Abstand der Heizschlangen im Fußboden etwa 2 Grad höher liegen als im Rest des Hauses. Die Bäder könnten gerne etwas wärmer sein. Auch die vorhandenen Leiterheizkörper als Handtuchtrockner wirken nur minimal, da sie kaum warm werden.

Die Wärme der minimal temperierten Fußbodenheizung empfinden wir als sehr angenehm: keine Zugluft an Heizkörpern oder kalte Stellen vor Fenstern, keine wilde Zirkulation in der Raumluft, keine kalten Füße. Allerdings fehlt uns auch eine echt warme Ecke im Haus, in die man sich zurückziehen kann, wenn man ausgekühlt von draußen kommt oder wo man nasse Handschuhe oder Schuhe trocknen kann. Im Haus trocknet alles, es dauert aber etwas.

Man muß sich im klaren sein, dass unterschiedliche Temperaturen und flexible Regelungen innerhalb einer gut isolierten Hülle kaum zu realisieren sind.

Heizen und Raumtemperaturen: O

Kühlfunktion

Durch die großen Massen im Haus heizt sich das Gebäude an heißen Tagen nur langsam auf. Bei längeren Hitzeperioden hilft die in der Wärmepumpe integrierte Kühlfunktion die Raumtemperatur auf angenehmem Niveau zu halten. Das darf aber nicht überbewertet werden. Die Kühlleistung ist relativ gering, es ist keine Klimaanlage. Hier wird lediglich die relativ kühle Temperatur der Sole über einen Wärmetauscher an den Fußboden abgegeben. Dazu laufen nur die beiden Umwälzpumpen, der Kompressor der WP steht still. Ein automatische Taupunktsteuerung sorgt dafür, dass die Böden nicht zu kalt werden und Luftfeuchtigkeit nicht am Boden kondensiert.

Mit der Kühlfunktion, der Verschattung und dem Sommerbypass der KWL halten wir das Haus auch in langen Hitzeperioden angenehm kühl. Die Kühlfunktion schalten wir bei Bedarf und nach Wetterprognosen manuell zu. Die Automatik geht nur nach der Innentemperatur und würde die Pumpen ab einer frei wählbaren Temperatur anwerfen. Das nutzen wir nur bei längeren Hitzeperioden.

Kühlfunktion: ++

Haustechnik

Neben der üblichen Hauselektrik befindet sich bei uns in einem separatem Raum die Wärmepumpe, der 500l Warmwassertank und das Lüftungsgerät. Auch haben Waschmaschine und Trockner dort Platz (der Trockner allerdings ist nach dem Einzug 2010 fast nie mehr zum Einsatz gekommen und hat uns bereits 2011 verlassen).

Das Lüftungsgerät braucht etwas Aufmerksamkeit vom User. Zum Winteranfang tausche ich den Standard-Wärmetauscher gegen den Enthalpiewärmetauscher und im Frühjahr natürlich wieder retour. Die Tauscher werden ausgesaugt und der Standardtauscher kann auch mit Wasser ausgespült werden. Mittlerweile gibt es auch Enthalpiewärmetauscher, die ausgewaschen werden können. Dann müssen noch die Luftfilter mit dem Staubsauger gereinigt werden. Das ist bei uns ca. 3 x im Jahr erforderlich. Die Luftfilter leben auch nicht ewig und sollten jedes Jahr erneuert werden. Ein Filterset kostet etwa 40 €. Man kann sie aber auch in der Spülmaschine „refreshen“, geht ganz gut, ist aber auch nicht für immer. Auch die Deckenventile der Abluftstränge sollten hin und wieder gereinigt werden.

Die Lüftung läuft bei uns auf Stufe eins durch und ist im Haus nicht zu hören. Auf Stufe zwei muss man spitz lauschen um die KWL wahrzunehmen. Unangenehme Zugluft entsteht auch auf Stufe drei nicht.

Die Wärmepumpe werkelt ohne nennenswerten Betreuungsaufwand vor sich hin (bei Bedarf auf Sommerbetrieb – nur Warmwasser – umstellen und evtl. bei Bedarf die Kühlfunktion aktivieren). Das könnte man auch der Automatik überlassen.
Allerdings ist es kein Fehler sich ein wenig mit der Materie vertraut zu machen und bei der Installation dem Heizungsbauer auf die Finger zu schauen. Eine WP in einem Passivhaus braucht andere Einstellungen als „default“.

Einen Nachteil hat unsere Pumpe allerdings. Sie ist etwas laut. Nicht unangenehm, aber das sonore Brummen ist im Haus zu hören. Leider ist unser Haustechnikraum nicht wirklich gut schallisoliert. Zwei Wände sind nur Trockenbau und das dämpft nicht ausreichend. Durch Türe und die beiden Wände kommt einiges durch.

Das klingt vielleicht schlimmer als es ist, sonst hätten wir schon Gegenmaßnahmen ergriffen. Aber wer eine WP plant sollte mehr als die üblichen Körperschall-Entkopplungen durchführen und dem Schallschutz des Aufstellungsortes mehr Aufmerksamkeit schenken.

Sonst im Einsatz: elektrische Rolladen, timergesteuerte Zirkulationspumpe für Warmwasser, div. Computer, zwei Drucker, Netzwerkspeicher, Router, TV, Audio Anlage, Küchengeräte, Waschmaschine aus dem Jahr 2000 (ersetzt 2016), Kühlschrank von 1999 (ersetzt 2019), Spülmaschine von 1997 (ersetzt 2022). Das Alter der Großgeräte darf bei der Energieverbrauchsbetrachtung gerne berücksichtigt werden. Ende 2016 hat die Waschmaschine uns nach einem irreparablem Bruch der Trommel verlassen und musste einem modernem Ersatz weichen. Alles, was nennenswert Standby Strom verbraucht und nicht im Einsatz ist, wird per Steckerleiste abgeschaltet.

Obwohl das Haus über ein Bussystem verfügt haben wir auf weitere Hausautomation oder Smart Home Systeme verzichtet (geht alles auch ohne Komforteinbußen von Hand). Bei unserem Konzept müssen wir auch nicht über das Internet die Heizung regeln, da sie ohne Absenkungen durchläuft.

Schön wäre allerdings eine automatisierte Lichtsteuerung, die bei Abwesenheit „Betrieb“ vorgaukelt. Vielleicht kümmere ich mich da mal drum.

Insgesamt läuft die Hausteschnik ohne viel Betreuungs- und Wartungsaufwand. Von komplizierter und im Unterhalt teurer Haustechnik sind wir weit entfernt.

Haustechnik: +

Was fehlt /stört
  • das Brummen der WP
  • kein warmer Heizkörper zum Trocknen von nassen Sachen
  • Bäder etwas zu kühl
  • Die Heizung schreibt keine Logdatei. Mach‘ ich zum Ende jeden Monats von Hand (soll aber mittlerweile für die WPF 5e nachrüstbar sein)

Gesamtfazit zum Wohnen in unserem Passivhaus: Das Positive überwiegt ganz klar…

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